12.11. 2020: Literatur "Fantasy" Chiara Kühr "Dieser blöde Saft von Tante Freya!"

Ich hätte diesen Lila schimmernden Saft nicht trinken sollen aber was tut man, wenn man so neugierig ist wie ich? Ich ging im Zimmer umher, blickte hoch und glotzte meine riesigen Teddy an. Es war echt gruselig, seinen kleinen, süßen, kuscheligen Teddybären in XXL – Größe vor sich sitzen zu haben. An der Wand abgestützt ging ich weiter durch den Raum. Weiter und Weiter und plötzlich! „Autsch!“, quietschte ich auf. Mein Ellbogen war an die Türklinke gestoßen… Warte was?

Ich fiel vor Schreck zurück, denn vor mir war ein rundes, vergoldetes Tor. Das Tor hatte einen ebenfalls goldenen Türknauf. Er war rund, und darunter war ein großes Schlüsselloch. Langsam ging ich näher heran um nach zu sehen, ob ich eintreten konnte. Nach einer Weile fasste ich allen Mut zusammen, und drehte den Knauf herum. Tatsächlich! Einmal in meinem chaotischen Leben hatte ich Glück! Das verschnörkelte Tor ging auf, und ich ging den langen Korridor entlang. Keine weitere Türe in Sicht, nur ein langer, mit schummrigem Licht durchleuchteter Gang.

Plötzlich vernahm ich ein Rascheln und Poltern. Als ich weiter in die Nähe davon kam, erblickte ich etwas. Es war so groß wie ich, und stand mit dem Rücken zu mir. „Ähm, hallo?“, flüsterte ich verängstigt. Das Wesen erschrak, sprang auf und versteckte sich hinter den großen Stück Käse, das es gerade verschlungen hatte. „Nein! Halt, nicht erschrecken, ich heiße Theo, und ich will nicht Böses!“  „T…Theo?“, fragte das kleine Geschöpf.

„Ja! Der bin ich.“  Der Käse bewegte sich zur Seite und eine graue Maus mit großen Augen starrte mich an. Sie steckte mir direkt ihr kleines Pfötchen her und nahm die Begrüßung verrückterweise an, ohne mir etwas dabei zu denken. „Ich bin Sam! Es freut mich sehr, dich kennen zulernen.“ „Wo bin ich hier? Wie komme ich hier raus und vor allem wie werde ich wieder normal groß?“, fragte ich hektisch. „Na, in meinem Käsebunker!“, antwortete Sam mit einem selbstverständlichen Unterton.

„Du hast aber recht…. Ich sollte dich zu Anisa bringen!“ Ohne zu zögern nahm mich die Maus an der Hand und zerrte mich den Gang entlang, bis wir aus einem Loch hinauskriechen konnten.

Wir standen in einem wunderschönen Wald. Ich staunte mit weit aufgerissenem Mund, doch Sam neben mir stiegen die Tränen in die Augen.

„Sie sind weg! Alle meine Freunde sind weg!“ Voller Verzweiflung rannte er umher und ließ sich nicht beruhigen.

„Sam! Ich helfe dir, deine Freunde wieder zu finden.“ „Das würdest du tun? Theo, du wurdest vom Himmel geschickt!“

Kurz bevor wir weiter gehen wollten, flog mir ein Uhu mit Eisbärenkopf fast gegen den Kopf und sagte: „Huhu! Verzeihung meine Herren, ich bin es nicht gewöhnt, in dieser magischen Gegend so gewöhnlichen Wesen zu begegnen.“ „Alles in Ordnung. Wir sind auf dem Weg zu Hexe Anisa“, erklärte Sam. „Hexe?“, fragte ich mit brüchiger Stimme, doch Sam winkte nur ab und sie sprachen weiter. „Ich kann euch helfen, an den Wächtern vorbeizukommen die sind nicht sehr gut drauf in letzter Zeit!“

Nach kurzer Zeit kamen wir an. Das Haus war bunt und freundlich und es stieg pinker Rauch aus dem Kamin.

Der Uhu-Bär brachte uns zu dem Hintereingang den „nur Freunde und Bekannte“ benutzen durften, verabschiedete sich und flog weiter.

Wir traten hinab in einen diesmal etwas mehr düster aussehenden Bunker, in dem uns eine schrill angezogene junge Dame ihren Rücken zudrehte. Sie drehte sich um und grüßte uns freundlich.

Sam erklärte, dass ich geschrumpft war und wieder heim wollte, er seine Heimat und Freunde verloren hatte.

„Ich kann euch helfen, die Welt wieder in Ordnung zu bringen und dich wieder nach Hause zu lassen.“

Tropfte diesen Trank auf den Boden und trinke dann den Rest, so wird alles wie vorher. Wir machten uns mit der Hexe auf den Weg und als wir ankamen, waren die Bäume farblos und die Tiere dort schwach und leblos.

Tiger mit Drachenköpfen kauerten am Boden und ohne zu zögern verschüttete ich etwas von dem Trank darauf. Es tat einen lauten Donner und alles erneuerte sich! Sams Freunde tauchten auf und ich bedankte mich für alles.

Sam begleitete mich zu Tor und ich umarmte ihn. Wir beide wussten, dass wir uns nicht mehr sehen würden. Ich setzte mich auf den Boden und kippte mir die schwarze Flüssigkeit hinunter.

Die Türe verschwand und ich war wieder normal groß in meinem Zimmer. Ich schaute auf die Uhr, es waren nur Minuten vergangen, es hatte sich nichts verändert, als wäre ich nie weggewesen…

Chiara Kühr